Zen for Nothing: Wie war die Stimmung damals im Kloster?

Q: Hallo Muho, in den vergangenen zwei Tagen habe ich den in Kloster Antaiji entstandenen Film ZEN FOR NOTHING ganze dreimal gesehen. Ich finde Ihn so gelungen! Kannst du ein bisschen was zu der Zeit damals erzählen als der Film in Anteiji entstand, Wie gings dir mit den Dreharbeiten? Wie war die damalige Stimmung vor Ort? Was war das für eine Zeit?

Wikipedia zu "Zen for Nothing": https://de.wikipedia.org/wiki/Zen_for_Nothing

Trailer des Films: https://youtu.be/-sRtVMPErgo

Ein anderer, recht amüsanter Film von Doris Dörrie, bei dem Werner Penzel (unter dem Pseudonym "Hans Karl Hu") Kamera führte:

"Erleuchtung Garantiert" https://vimeo.com/218703365

Im September 2013 spricht Werner in Antaiji kurz über sein Projekt:

https://youtu.be/PGhlrb_f0GI

"Werner Penzel Film" bei YouTube: https://www.youtube.com/channel/UCrIn_oJifItuIbzZ7ZQu9ng

Szene aus Werners Film "Step across the border" mit Fred Frith (der auch die Musik von "Zen for Nothing" gemacht hat): https://youtu.be/piawJnA3naI

Mein Besuch bei Werner und Ayako in der Schweiz 2008: https://antaiji.org/archives/deu/photos-0805.shtml

Und hier einige photographische Impressionen von Werner und Ayako von ihren Besuchen in Antaiji:

Jido im Garten (Mai 2010) https://antaiji.org/archives/deu/photos-1002.shtml

Cooking in the kitchen (Mai 2010) https://antaiji.org/archives/deu/photos-1003.shtml

Beyond beyond (Mai 2010) https://antaiji.org/archives/deu/photos-1004.shtml

Middle of the morning (Mai 2012) https://antaiji.org/archives/deu/photos-1203.shtml

Step across the Antaiji border (Mai 2012) https://antaiji.org/de/photos/step-across-the-antaiji-border/

Tenzo (Mai 2012) https://antaiji.org/de/photos/tenzo-may-2012/

Antaiji im November 2012 https://antaiji.org/de/photos/201211-2/

Der Herbst naht (September 2013) https://antaiji.org/de/photos/201309-2/

Links zu Blogeinträgen mit sehr, sehr vielen Videos auf der Antaiji-Website während der Zeit der Dreharbeiten:

https://antaiji.org/en/2013/11/

https://antaiji.org/en/2014/02/

https://antaiji.org/en/2014/05/

Die Antaiji-Sangha amüsiert sich beim Probeschauen des Films: https://youtu.be/AVFnJp4mfPI

Anschliessende Filmkritik der angetrunkenen Klosterbewohner: https://youtu.be/6KET2b6MyCI & https://youtu.be/YBuontXKmQw https://antaiji.org/en/2013/11/ https://antaiji.org/en/2014/02/ https://antaiji.org/en/2014/05/

https://de.wikipedia.org/wiki/Sans_Soleil_–_Unsichtbare_Sonne

Chris Marker - Sans Soleil (1983) https://youtu.be/RP3pEWCSWdI

Sans Soleil "Rorschach version" (mit englischen Untertiteln) https://youtu.be/dIh2vSjaxTE

Mehr Filmtipps für den Sommer?

Chris Marker - La Jetée (1962) https://youtu.be/fU99W-ZrIHQ

Andrey Tarkovsky - Andrei Rublev (1966) https://youtu.be/OsEnNDr6YfA

Andrey Tarkovsky - Der Spiegel (1974) https://youtu.be/CYZhXm02kN0

Andrey Tarkovsky - Stalker (1979) https://youtu.be/TGRDYpCmMcM

Andrey Tarkovsky - Nostalghia (1983) https://youtu.be/-gH1cprEg0w

Andrey Tarkovsky - Offret(1986) https://youtu.be/PlV4k2GNGmo

Philip Gröning - Die große Stille (2005) https://youtu.be/094I4UVjyFg

Dein Zazen hier und jetzt erleuchtet Raum und Zeit!

Q: Ich habe mal während einer Kusen-Unterweisung in einem Soto-Zen-Kloster vom dortigen Meister gehört, dass man durch das Beruhigen des Geistes im Zazen das ganze Universum beeinflusst... kannst du mir erklären, was damit gemeint ist?

Andere Videos, in denen ich indirekt etwas zum Thema sage:

(076) Der innere Widerspruch des Buddhismus: Relative & absolute Wahrheit https://youtu.be/KMqbb80uNIo

(110) Gibt es die Erleuchtung doch nur im vollen Lotus? https://youtu.be/43nUzVLHQQk

Bendowa ( http://www.zensite.de/Zensite/te1/Bendowa.htm ):

Jeder Buddha und jeder Tathagata hat die wunderbare Fähigkeit, die höchste und vollkommene Erleuchtung zu erreichen; sie übertragen diese Erleuchtung unaufhörlich von einem auf den anderen. Diese Fähigkeit übersteigt menschliches Vermögen und Erkennen und ist nicht daran gebunden — es ist Jijuyu Samadhi, die richtige Methode und gebräuchliche Übertragung von Buddha zu Buddha.

Um dieses Samadhi zu erlangen, musst du das wahre Tor des Zazen betreten — die beste Methode, die Erleuchtung zu offenbaren. Es ist in jedem vorhanden, aber ohne Übung kann es sich nicht offenbaren; erst wenn das Samadhi verwirklicht ist, kannst du es wahrnehmen. Eins oder viele, horizontal oder vertikal, können es nicht begrenzen oder beschreiben. Sprich davon, und es hat bereits deinen Mund gefüllt; lass es gehen, und es füllt deine Hände. Die Buddhas existieren im Jijuyu Samadhi ohne irgendeine Bindung; die Lebewesen existieren ebenfalls darin, jedoch ohne zu erkennen, wie ihr Bewusstsein und ihre Wahrnehmung wirken. Durch dieses Samadhi können wir die wahre Wirklichkeit und die vollständige Harmonie erlangen, du musst nur aufhören zu unterscheiden.

Kurz nachdem ich begann, den Weg zu suchen, besuchte ich viele Lehrer in allen Teilen des Landes, um eine Antwort auf meine Fragen zu finden. Ich begegnete dem Priester Myozen vom Kenniji und studierte bei ihm neun Jahre. Er war der Hauptschüler des Patriarchen Eisai und der einzige, der das Wahre Dharma seines Meisters korrekt übermittelte. Keiner der anderen Schüler kann sich mit ihm vergleichen. Dann, während der großen Sung-Dynastie ging ich nach China und besuchte viele Orte, um die verschiedenen Methoden der fünf Schulen zu studieren und den richtigen Meister zu finden. Schließlich begegnete ich dem Zen-Meister Nyojo vom Berg Daibyakuho und übte mit ihm. Er beseitigte meine Zweifel und festigte meinen Geist in bezug auf die wahre Bedeutung der Übung.

Im Jahr 1228 kehrte ich in die Heimat zurück und gelobte, das Dharma zum Wohle aller Wesen zu verbreiten, auch wenn es für mich sehr schwierig sein würde. Aufgrund des verfallenen Zustandes der Gesellschaft beschloss ich jedoch, einige Zeit zu warten. Den Wolken und Wasserpflanzen gleich trieb ich von Ort zu Ort, um in die Herzen der Lehrer zu schauen, die verkündeten, dass sie das Dharma weitergaben.

Nachdem ich viele Menschen gesehen hatte, die niemals an Ruhm oder Glück dachten, ernsthaft nach dem Buddha-Weg suchten und durch schlechte Lehrer in die Irre geführt wurden, wunderte ich mich, wie der wahre Samen des Pranja in ihnen wachsen könne. Sie waren verwirrt, und ihr Verständnis war zerstört; wie konnten sie den großen Weg erreichen? Deshalb entschloss ich mich, mein dahin treibendes Leben aufzugeben und das Wahre Dharma zu lehren und zu verbreiten, indem ich die Vorschriften und die Beispiele, die ich in den chinesischen Zen-Klöstern der Sung-Dynastie studiert und vernommen hatte, zusammenstellte.

Ich hoffe, das wird das Wahre Dharma bewahren. Das ist doch wesentlich oder nicht! Bei der Versammlung auf dem Geierberg verlieh Shakyamuni-Buddha das Wahre Dharma an Mahakasyapa und dann wurde es von Patriarch zu Patriarch weitergegeben bis zu Bodhidharma. Bodhidharma ging dann nach China und übergab es Eka. Dies war die erste wahre Übertragung der Zen-Lehre an den Osten. Dann wurde das Dharma den nachfolgenden Patriarchen bis zu Daikan Eno, dem sechsten Patriarchen, übergeben. In dieser Zeit war das Wahre Dharma in China weitverbreitet, und frei von sektiererischen oder rationalistischen Einflüssen.

Seine zwei Hauptschüler, Nangaku Ejo und Suigen Gyoshi, erbten das Siegel des Buddha-Geistes und wurden Lehrer der Menschen und Götter. Ihre Schulen vergrößerten und entwickelten sich schrittweise zu den fünf Schulen — Hogen, Igyo, Soto, Ummon und Rinzai. Gegenwärtig ist nur die Rinzai-Schule im ganzen Land weitverbreitet. Obgleich jede Schule ihre eigenen Merkmale hat, gründen sich alle auf das Siegel des Buddha-Geistes.

Der Buddhismus war sehr einflussreich und verbreitete sich, nach seiner Einführung in China, während der späten Han-Dynastie (67 v. Chr.), schnell; es gab jedoch auch verschiedene andere Lehren, und es war niemals entschieden, welches die beste war, bis Bodhidharma scharf allen widersprechenden und verwirrenden Lehren ein Ende machte und den Vorrang des Wahren Dharma begründete, das sich dann schnell verbreitete. Ich hoffe, dass in unserem Land das gleiche geschieht.

Ein Zuschauer wie mich nach der Veröffentlichung des Videos auf eine Worterklärung für Jijuyu Zanmai aus „offizieller“ Sicht auf der deutschen Sotozenseite hin. Hier der Link: https://www.sotozen.com/ger/library/key_terms/pdf/key_terms02.pdf

Fortsetzung aus dem Bendowa ( http://www.zensite.de/Zensite/te1/Bendowa.htm ):

Auch wenn du nur für einen Moment im Jijuyu Samadhi sitzt, ist das Siegel des Buddha-Geistes in deinem Körper, in deinem Geist und in deinen Worten eingeprägt; gleichzeitig ist die ganze Erscheinungswelt ebenfalls mit dem Siegel des Buddha-Geistes versehen — der ganze Raum ist Erleuchtung. Die erleuchtete Freude der Tathagatas nimmt zu, und ihre wundervollen Eigenschaften erneuern sich selbst. Alle Wesen in den zehn Richtungen des Alls, auf den drei Wegen und in den sechs Welten sind rein und klar in Körper und Geist; sie verwirklichen die vollkommene Befreiung und offenbaren ihre ursprüngliche Gestalt als die Erleuchtung Buddhas. Das heißt, die Mannigfaltigkeit der erscheinenden Objekte selbst ist Buddhas Erleuchtung — sein Körper, sein Sitzen unter dem Bodhibaum, sein Drehen des Rades des Gesetzes; all das offenbart die vollkommenste Form von Prajna. Da Erleuchtete die Möglichkeit haben, ihre Verdienste zu übertragen, haben die Menschen, die Zazen üben, teil an der Wahrheit, die Buddha erlangt hat und legen deshalb ihren Körper und Geist und alle weltlichen Bindungen ab. Ihre Einsicht durchdringt sogar das allerkleinste Staubteilchen und bildet, vervollkommnet und entwickelt die Buddhaschaft und jedes Dharma. Land, Bäume, Gräser, Hecken, Mauern und Ziegel — der ganze Bereich des Dharmadhatu kann vom Standpunkt der Erleuchtung wahrgenommen werden, um das Werk Buddhas zu verrichten. Alle Menschen erhalten, ohne sich dessen bewusst zu sein, die Unterstützung von Wind und Wasser; und weil Erleuchtete ihre Verdienste übertragen können, erhalten alle Menschen, ohne es zu merken, die Unterstützung von Buddhas wunderbarer und unbegreiflicher Lehre und vermögen so, ihre angeborene Erleuchtung zu offenbaren. Diese ursprüngliche, angeborene Erleuchtung durchdringt das ganze All und verwandelt sich in unerschöpflichen Buddha-Verdienst, der unlösbar mit dem unendlichen, unaufhörlichen, unbegreiflichen und unsagbaren Buddha-Dharma verbunden ist.

Denke jedoch nicht, dass du eine solche Verwirklichung bewusst während des Zazen erfahren wirst; das wahre Erwachen taucht durch die vollkommene Stille, jenseits des Bewusstseins auf. Wenn du wie die gewöhnlichen Leute denkst, dass Übung und Erleuchtung verschieden sind, dann müsste es eine gegenseitige Wahrnehmung zwischen dem Zen-Übenden und seiner Erleuchtung geben. Dies ist falsch, weil es keine Unterscheidung innerhalb der Erleuchtung gibt. Obwohl Störungen und Täuschungen während des Zazen kommen und gehen mögen, erscheinen diese innerhalb des Jijuyu Samadhi und werden deshalb zu Erleuchtung verwandelt und stören nicht. Sie sind ebenfalls die Tätigkeit von Buddha; sie sind äußerst tiefgründig und haben eine unermessliche Kraft. Ihre Kraft durchdringt Bäume, Gräser und die Erde; sie strahlt das grosse Wahre Licht aus und verkündet das tiefe, unbegreifliche und unaufhörliche Dharma. Bäume, Gräser, eine Mauer, eine Hecke, sie alle verkünden das Dharma zum Wohle von allen — gewöhnlichen Leuten, Weisen und Lebewesen. Und auch das Umgekehrte ist wahr...

Das heißt, das Zazen belebt und vereint alle Formen der Existenz, wenn es auch nur für kurze Zeit von jemandem ausgeübt wird. Es umfasst die unendliche Zeit und durchdringt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, während es gleichzeitig unaufhörlich für die Erleuchtung aller Lebewesen wirkt. Buddhas, Lebewesen und Erscheinungen haben nur eine Form der Übung und eine unteilbare Erleuchtung. Sie begrenzt sich nicht nur auf die Übung des Zazen. Das Echo der Leerheit zu hören, gleicht dem wunderbaren Klang eines Hammers, bevor und nachdem er eine Glocke anschlägt. Außerdem hat jedes menschliche Wesen seine eigene ursprüngliche Natur und Tätigkeit, die über jedem rationalen Denken steht. Auch wenn alle unzählbaren Buddhas des ganzen Alls ihre Weisheit verbinden würden, um den Verdienst des Zazen einer Person zu ermessen, könnten sie es nicht ergründen.

Q2: Ja, wenn man z.B. im Biergarten sitzt, beruhigt man sich und damit das ganze umgebende Universum - und das ist nicht Wenig - einschliesslich der blühenden Kastanienbäume. Jetzt muss ich ohne auskommen - also ohne Biergarten und Kastanien - aber das Bier und das Universum bleibt.

 

Zitate aus "Hotsubodaishin" findet man u.a. in den Video-Beschreibungen von:

(267) Wer wischt mir den Popo ab? https://youtu.be/9Mjd2NTn1Zw

(268) Hattest du schon einmal das Gefühl, ausgenutzt zu werden? https://youtu.be/q7K4PrDGN_U

(305) Was hilft mir dein Zazen, wenn ich keine Luft bekomme? https://youtu.be/4V7PeEgA2SQ

Hier noch etwas mehr aus meinem Kommentar zu diesem Kapitel aus "Futter für Pferd und Esel":

Der Schwerpunkt von Dôgens Lehre verschiebt sich gegen Ende seines Lebens. In jungen Jahren ging es ihm in erster Linie um Zazen. Jeder, der sitzt, ist ein sitzender Buddha! In späten Jahren betont Dôgen stärker den Geist des Bodhisattvas. Ein Bodhisattva ist einer, der die eigene Buddhaschaft auf später verschiebt, um in diesem Leben anderen auf dem Weg zu helfen. Auf besonders klare Weise drückt Dôgen das in einem der letzten Kapitel des Shôbôgenzôs aus, das den Titel Hotsubodaishin trägt. „Hotsu“ bedeutet „Anfang“ oder „Aufbruch“, während „Shin“ für den Geist oder auch das Herz steht. „Bodai“ ist die japanische Schreibweise des indischen Wortes „Bodhi“, welches das Erwachen eines Buddhas bezeichnet. In China wurde dieses Wort durch das Schriftzeichen „Tao“ übersetzt, was wiederum „Weg“ bedeuten kann. In diesem Kapitel geht es um das erste Erwecken des erwachten Geistes. Wie ist es möglich, erwachten Geist zu erwecken? Wer erweckt ihn? Und wie drückt sich das Erwachen des Geistes aus? Um all diese Fragen geht es in dem Kapitel, dessen Titel ich ganz frei als „Aufbruch zum Weg des Herzens“ übersetzt habe. Um was für einen Geist oder Herz handelt es sich dabei? Dôgen stellt zunächst drei verschiedene Wortbedeutungen vor:

"Das Wort „Geist“ hat drei verschiedene Bedeutungen: Erstens steht es für Citta, unseren denkenden Geist. Zweitens steht es für Hridaya, das Herz oder die Seele, die auch Gräsern und Bäumen innewohnt. Drittens steht es für Vriddha, die kosmische Weisheit oder die Essenz aller Dinge."

Stellen Sie sich vor, sie säßen in einer Quizsendung und würden gefragt, welche der drei Geistesarten den Geist des buddhistischen Erwachens am besten beschreibt. Geist A, unser alltäglicher, denkender, unterscheidender Geist? Wohl kaum. Geist B, der Lebensgeist, der allen Dingen innewohnt, so eine Art „Anima“? Schon besser, aber nicht so gut wie der Geist C, laut Definition die „kosmische Weisheit“ und die „Essenz aller Dinge“. Es scheint, als könnte die Wahl nicht einfacher sein. Umso überraschender sind Dôgens folgende Worte:

"Bodhicitta wird von unserem denkenden Geist erweckt. „Bodhi“ ist ein Wort aus Indien. Wir sagen dazu: „Weg“. „Citta“ ist ebenfalls ein Wort aus Indien. Wir sagen dazu: „denkender Geist“. Nur dieser denkende Geist vermag es, Bodhicitta – den Geist des Weges – zu erwecken. Das bedeutet nicht, dass das Denken selbst der Geist des Weges ist. Nein, es ist der denkende Geist, mit dem wir den Geist des Weges erst erwecken."

Das Denken ist nicht der Geist des Weges, aber der Geist des Weges ist auf das Denken angewiesen. Das mag überraschen, denn im Fukanzazengi und Zazenshin spricht Dôgen ja vom „Undenken“ und „Loslassen der Gedanken“!

Ich will alle Wesen vor mir selbst erlösen!

...Die Reihenfolge ist also nicht: Wenn ich erst einmal erwacht bin, gibt es keine Trennung mehr und in meinem Erwachen werden alle Wesen eingeschlossen sein. Also muss mein eigenes Erwachen an erster Stelle kommen. Später werde ich mich vielleicht auch um meine Klosterbrüder kümmern. Sondern: erst wenn ich von mir und meinem Erwachen absehe und das Leiden anderer über mein eigenes stelle, hebt sich die Trennung zwischen mir und den anderen auf. In dem Augenblick lebe ich den Geist des Weges, der nur ein anderes Wort für Erwachen in diesem Augenblick ist.

Die nächste Frage ist, wie ein Mensch zu diesem Geist erwacht. Wie ist es möglich, dass ein Mensch, dem es bis dahin um nichts anderes als sein Ego ging, sich selbst vergisst und an die anderen denkt, als seien sie ein Teil der eigenen Existenz? Erwacht er spontan zu diesem Geist, oder muss er von außen erweckt werden? Wer erweckt ihn, und wie geschieht das? Dôgen negiert alle möglichen Erklärungen, und lässt uns mit der Frage allein zurück. Der Geist des Weges komme weder von außen noch von innen, er entstehe nicht und vergehe nicht, sei aber auch nicht ewig … Wo, werden Sie sich fragen, steckt dieser Geist dann?

"Der Geist des Weges erwacht, wo sich die Wege kreuzen und die Herzen miteinander kommunizieren. Er ist weder ein Geschenk der Buddhas und Bodhisattvas, noch wird er aus eigener Kraft hervorgebracht. Da dieser Geist erwacht, wenn sich die Wege kreuzen und die Herzen miteinander kommunizieren, besteht er aber auch nicht von Natur aus."

Hier bricht eine neue Dimension durch: Der Geist, nach dem wir suchen, kommt nicht von oben oder unten. Wenn wir um uns sehen, uns selbst für die anderen vergessen, erwacht der Geist des Weges in der Kommunikation der Herzen. Mit eindrucksvollen Worten beschreibt Dôgen diese Konversion:

"Meistens sind es Menschen vom Südkontinent Jambudvipa, die den Geist des Weges erwecken. Auch in den acht schwierigen Welten kommt es vor, dass dieser Geist erweckt wird, doch das ist selten. Wenn du den Geist des Weges erweckt hast, übst du für drei Asamkhya-Kalpas und hundert große Kalpas. Oder du übst für endlose Kalpas und wirst so zum Buddha. Oder du übst für endlose Kalpas, indem du leidende Wesen zuerst erlöst und du selbst nie zum Buddha wirst. Du erlöst einfach nur die leidenden Wesen, du willst ihnen bloß zu Diensten sein. So folgst du deinem Wunsch als Bodhisattva."

Sie werden sich an die drei Asamkhya-Kalpas und hundert großen Kalpas („drei Weltzeitalter und ein paar Zerquetschte“) erinnern, die ein Engel braucht, um mit seinem Gewand einen Granitblock zu zermahlen. Kurz gesagt wünscht sich der, in dem der Geist des Weges erwacht, für immer und ewig in der Welt des Leidens zu verbleiben, um allen anderen Lebewesen den Weg zur Befreiung zu zeigen. Die Frage ist nur, wie einer, der selbst noch im Leiden steckt, anderen den Weg zur Befreiung zeigen kann. Was genau bedeutet Befreiung?

"Den Geist des Weges erweckt zu haben bedeutet, sich stets mit Körper und Geist darum zu bemühen, alle leidenden Wesen ebenfalls zum Geist des Weges zu erwecken und dadurch auf den Buddhaweg zu führen. Den leidenden Wesen zu Diensten zu sein bedeutet nicht, ihnen lediglich weltliche Genüsse zu verschaffen. Das Erwachen dieses Geistes und sein Üben und Bezeugen gehen weit über den Bereich von Irre und Erwachen hinaus. Dieser Geist transzendiert die drei Welten und ragt über alles hinaus. Zuhörer und Allein-Erwachte können ihn nicht begreifen."

Wer andere befreien will, liest ihnen nicht einfach die Wünsche von den Augen ab. Nein, er versucht eben diesen Geist auch im Anderen zu erwecken: „Es geht nicht um mich – es geht darum, was ich für die anderen tun kann!“ Das ist wichtig, denn hier löst sich der vermeintliche Widerspruch: Wie kann einer, der noch nicht befreit ist, andere befreien? Die Antwort: Nur der, der die eigene Befreiung hinten anstellt, ist befreit. Und er befreit andere, indem er sie ebenfalls dazu bringt, auf die eigene Befreiung zugunsten anderer zu verzichten.

Link zum Shobogenzo Bodaisattashishoho ("Vier Weisen von Bodhisattvas, sich anderer anzunehmen"): https://antaiji.org/archives/deu/bss.shtml

 

Ambiguitätstoleranz in Japan

Q1: Was wirklich erstaunlich ist, finde ich, dass in der Japanischen Kultur so krasse Ambivalenzen und Widersprüche herrschen. Ist das extremer als bei uns, oder kommt mir das nur so vor? Dass Japaner äußerst ungern an den Tod erinnert werden, und andererseits eine Kultur pflegen, in der die Vergänglichkeit des Augenblickes oft so bewusst wahrgenommen und geehrt wird. Z.B. das Feiern der Kirschblüte, oder der Inhalt vieler Haikus bezeugen das doch, oder? Ist es eigentlich so, dass Widersprüche in der Japanischen Kultur nicht als so unvereinbar gelten wie im Westen? Aus meiner Sicht besteht die Welt ja zum grössten Teil aus Widersprüchen, oder Tatsachen, die oft unvereinbar erscheinen, und doch miteinander existieren, oder gegenseitig erst ihre Existenz bedingen. Findet "janein", "neinja", "jain" und "naja", nicht "weder noch", sondern eher "sowohl als auch" in Japan mehr Akzeptanz als bei uns? Vermutlich ist die Antwort ja und nein .

Video-Empfehlung: Adolf Muschg über Zen und Ambiguitätstoleranz (SRF Kultur) https://youtu.be/RtF6qsFcmuw

Wikipedia zum Thema: https://de.wikipedia.org/wiki/Ambiguit%C3%A4tstoleranz

Q2: in china herrscht aus dem selben grund wie in japan eine abneigung gegen die 4 (四si4 死si3) noch schlimmer 14(du wirst sterben), die beliebteste zahl ist 8 (reich werden) oder 18. wie schauts das in japan aus mit einer lieblingszahl?

Glückszahlen in Japan: Das sind die "ungeraden" Zahlen wie 1, 3, 5, 7, 10, 30, 50, 70, 100... Und die 9? Die wird im Japansichen "ku" ausgesprochen, was auch Leiden bedeutet und deshalb wie die 4 besser vermieden wird.

Zen provoziert das Ego aufs Äußerste! Ja, aber...

Q: Es ist von entscheidender Bedeutung im tiefsten Inneren zu spüren und zu verstehen, dass das Sitzen nichts bringt. Wie sollte das Ego mit dieser Gewissheit etwas erwarten können? Hast du nach dieser Erkenntnis das Gefühl deine Zeit beim Sitzen zu verschwenden, haftest du immer noch an deinem Ego und du praktizierst nicht lang genug. Den Weg in Frage zu stellen ist ungefair so wie deinen Meister in Frage zu stellen. Es geht nicht um das Naheliegende, ob er möglicherweise falsch liegt und du möglicherweise richtig, es geht auch nicht darum blind folge zu leisten oder sich auf die Zunge zu beißen. Es geht darum seine eigene Meinung mehr und mehr für nichtig zu erachten denn nur darin liegt Befreiung. So würde ich zumindest Dogens Schlussfolgerungen deuten. Um so intelligenter "du" bist, um so schwerer wird dir das fallen. Was ich jedoch im Gegenzug für diese Gabe als fair erachte :-)

Ich halte die Idee des Sitzens für eine fast göttliche Erkenntnis. Es wird für alle Zeit wohl das Einfachste sein was man tun kann und es ist gleichzeitig für einen denkenden, ego verhafteten Menschen, früher oder später, eine fast unlösbare Aufgabe. Ich würde die Sitzmeditation als eine Vergewaltigung und Provokation gegen das eigene Ego betrachten und nicht als ein oft missverstandener Weg "zur Entspannung". Sie hat möglicherweise sogar das Ziel oder es geschieht zumindest zwangsläufig- die aufkommende Frage ob ich hier "meine" Zeit verschwende. Sie provoziert das Ego aufs Äusserste, daher ist es der direkteste Weg sich dem eigenen Ego zu stellen. Bist du jedoch zazen verfallen, oder gar süchtig und fühlst dich leer ohne deine tägliche Dosis, hast du zen ebenfalls nicht in voller Gänze verstanden. Da du immer wieder versuchst deinem Ego aufs Neue zu entkommen anstatt verstanden zu haben dass da nichts ist was es zu entkommen gilt. Ich denke man sollte nie vergessen dass Zen nicht nur den Weg darstellt, sondern auch ein Ziel hat. Entschuldige muho, für den langen Text.

Zazen: So erfrischend wie ein Smoothie in der Morgensonne?

Q1: Mir stellt sich die Frage, kann Zazen zur Sucht werden? Bei mir hat Zazen den gleichen Stellenwert, wie Essen und Trinken. Als mir beim Zazen die Zeit zu lange war, fragte ich mich selbst ob mir beim Essen auch die Zeit zu lange wird. Nun habe ich öfters das Gefühl die Zeit ist zu schnell vorbei. Für mich ist Zazen das üben für mein Leben und das Lernen des Umgangs mit anderen Lebewesen. Und ich fühle mich nach dem Sitzen sehr Erholt und Frisch, ich höre aber immer es ist anstrengend. Ich fühle mich irgendwie unsicher und hilflos, wäre ein Lehrer für mich sinnvoll. Danke!

(113) Sitzen auf dem Hocker und Zazen als Droge https://youtu.be/rjrWC7JvxCI?t=492

Playlisten:

Das tägliche Zen-Häppchen (1) https://youtube.com/playlist?list=PLHc3lR360zowIcSaCklIprKzfGxCdsMRh

Das tägliche Zen-Häppchen (2) https://youtube.com/playlist?list=PLHc3lR360zoxVBehS5pUv3FhdSK1PEYJm

Q2: Hallo Muho, mich interessiert, woran man einen "ausgebildeten"/"richtigen" Roshi bzw. ein "richtiges" Zen-Kloster erkennt. Ich habe nämlich teilweise das ungute Gefühl, dass es in einigen Klöstern mehr darum geht etwas zu verkaufen, als um Zen an sich.

Mehr zum Thema:

https://antaiji.org/de/services/english-to-you-2-kosho-uchiyama-roshi/

(029) Lehrer gesucht... - aber was oder wer? https://youtu.be/HNMh4R-Fc5Q

(030) Lehrer gesucht... - reicht ein Buddha auf der Kommode? https://youtu.be/KfnZ3aEtRXY

(053) Verirrt auf dem spirituellen Heiratsmarkt? https://youtu.be/cAv8ue59jxw

(055) Soll ich ins Kloster gehen? https://youtu.be/opUKuFkn0KE

(057) Praxis Level 2: Der Alltag https://youtu.be/trFahVxDWGo

(058) Lass mich mal zu Potte kommen! Praxis als "unfinished business" https://youtu.be/-C_13VT2fnY

(088) Das Leben im Kloster - für eine Auszeit eher ungeeignet? https://youtu.be/6B6M3X6FBzA

(092) Ist Praxis außerhalb des Klosters überhaupt sinnvoll? https://youtu.be/kIaxSuUgdWU

(223) Gute Nachricht: Ich bin wieder Abt und Du kannst noch heute mein Schüler werden! https://youtu.be/XrqqpH_6lAc