Wiedergeburt und andere Märchen

Kommentar 1: Es fällt mir beim Sitzen leichter „bei mir“ zu bleiben, wenn ich die Augen geschlossen habe. Spricht aus Deiner Sicht etwas dagegen?

Kommentar 2: Es hat mich gewundert, dass Du das Prinzip der Wiedergeburt für nicht existent hältst ( https://www.youtube.com/watch?v=037LpFwBrwk ). So wie ich es verstehe, war es die erste Erfahrung die der Buddha während seiner Erleuchtung machte, dass er sich an seine vergangenen Leben erinnerte. Somit scheint es mir, dass der Buddha Wiedergeburt nicht nur im Rahmen des damaligen Kontexts betrachtete, sondern dieses „Konzept“ am eigenen Leib erfahren hat und darüber hinaus diesem eine elementare Rolle eingeräumt hat (es war die erste Erfahrung während seiner Erleuchtung). Darüber hinaus scheint mir auch das „Konzept“ des Karmas nur dann schlüssig zu sein, wenn man davon ausgeht, über dieses Leben hinaus zu leben.

Ich kenne einige Menschen, die sich sehr nobel und mitfühlend verhalten und vom Schicksal stark gebeutelt werden, während sich andere Leute auf Kosten anderer bereichern und ein schönes Leben führen. Wenn man die Möglichkeit einer Wiedergeburt außeracht lässt, scheint es widersinnig an Karma und ausgleichende Gerechtigkeit zu „glauben“, darauf zu vertrauen, dass man für seine Umstände selbst verantwortlich ist. Auch scheint es mir nur schwerlich möglich alle fühlenden Lebewesen zu befreien, alle Verblendungen zu beenden, die unzähligen Dharmalehren zu meistern und den Buddhaweg, welcher endlos ist, zu vollenden, wenn mir hierfür nur die Zeitspanne eines einzigen Lebens zur Verfügung steht. In Futter für Pferd und Esel (S.70) steht, dass der Buddha über unzählige Äonen praktiziert hat. Wie ist das möglich, wenn er nur einmal geboren wird?

 

Zitate von Dogen zur Wiedergeburt

Genjokoan: "So wie Brennholz nicht mehr zu Brennholz wird, nachdem es zu Asche verbrannt ist, so kehrt auch kein Mensch vom Tod ins Leben zurück." (https://antaiji.org/de/classics/genjokoan/)

Bendowa: "Frage: Wenn du die unwandelbare und unveränderliche Natur des Geistes nicht verstehst, kannst du niemals von der Wiedergeburt des Karma befreit werden. Wir sollten unverzüglich die Unwandelbarkeit des Geistes ergreifen. Was nützt es, wenn du dein ganzes Leben lang ruhig sitzt, ohne Etwas zu tun?

Antwort: Was du da gerade gesagt hast, ist ganz sicher nicht das Buddha-Dharma, sondern eher die Ansicht des Ungläubigen Senika. Diese Ansicht behauptet, dass wir in unserem Körper einen Verstand oder Geist haben, der die Dinge als gut oder schlecht, falsch oder richtig, angenehm oder schmerzlich, bitter oder süß, unterscheidet. Wenn unser Körper stirbt, trennt sich der Geist vom Körper und wird an einem anderen Ort wiedergeboren. Obgleich unser Körper stirbt, lebt der Geist an einem anderen Ort weiter. So existiert er ewig. Dies ist die Lehre des Ungläubigen Senika. Wenn du denkst, dass eine solche Theorie die buddhistische Lehre ausmacht, bist du noch verrückter als jemand, der einen Dachziegel aufhebt und denkt, es sei eine Goldmünze. Das ist Blödsinn! Nanyo Echu in der Tang-Dynastie warnte vor solchen falschen Ansichten. Es zeugt von einer großen Dummheit, wenn jemand die Ansicht, dass der Geist ewig ist, aber der Körper vernichtet wird, mit dem Wahren Dharma der Buddhas gleichsetzt. Eine solche Sicht verursacht wirklich den Kreislauf von Leben und Tod, von dem sie doch frei kommen wollten. Dies ist äußerst jämmerlich. Erkenne es als falsche Ansicht und lege sie beiseite. Aus Mitleid will ich nun dein Missverständnis beseitigen. Von Anfang an lehrte der Buddhismus, dass Körper und Geist eins sind und, dass die Substanz und die Form nicht zwei verschiedene Dinge sind. So wurde es in Indien und in China gelehrt. Weiterhin wird im Buddhismus sowohl die Unvergänglichkeit, als auch die Vergänglichkeit nicht als Körper und Geist oder Substanz und Form getrennt. Wo stirbt der Körper, und wo bleibt der Geist? Im Buddhismus gibt es kein Nirvana außerhalb vom Kreislauf von Leben und Tod. Wenn du irrtümlich denkst, dass der Geist ewig ist und dies als wahre buddhistische Weisheit betrachtest, die jenseits von Leben und Tod liegt, musst du erkennen, dass es gerade dieser Geist ist, den du benutzt, der an den Kreislauf von Leben und Tod gebunden ist — das ist nutzlos. Im Buddhismus sind Körper und Geist eins; denn wie kann es geschehen, dass der Geist bleibt und der Körper vergeht? Wenn Körper und Geist ursprünglich eins sind, jedoch nun getrennt, dann wäre die Buddha-Lehre falsch. Denke nicht, dass der Kreislauf von Leben und Tod vernichtet werden sollte — das wäre ein großer Fehler. Erkenne, dass der Geist das ursprüngliche Tor zu den wahren Lehren des Buddhismus ist und das ganze Wesen der Erscheinungen einschließt und sich auf keine Weise in verschiedene Aspekte, wie z. B. Körper oder Geist, Leben oder Tod, Erleuchtung oder Nirvana, teilen lässt. Alle Erscheinungen, die Myriaden Formen der Existenz, sind nur dieser eine Geist; nichts ist davon ausgeschlossen. So sehen die Buddhisten den Geist. Unterscheide nicht zwischen Körper und Geist, Leben oder Tod und Nirvana." (http://www.zensite.de/Zensite/te1/Bendowa.htm)

„Heutzutage sagen die Leute, wir sollten das üben, was leicht zu üben ist. Nichts könnte verkehrter sein, weit verfehlt es den Buddhaweg. Wenn du nur die allereinfachste Sache ausübst, wird dir selbst das Liegen noch zu mühselig werden. Wenn dir eine Sache mühselig wird, werden dir alle Sachen mühselig werden. Es versteht sich von selbst, dass einer, der es sich gern leicht macht, sich nicht für den Weg eignet. Die Lehre, die in der heutigen Welt zirkuliert, ist dieselbe Lehre, zu der Großmeister Shakyamuni erst nach unzähligen Äonen von schwieriger und schmerzlicher Übung gelangt ist. Wenn es sich bereits an der Quelle so verhält, wie könnte es stromabwärts leichter sein?“

Davon abgesehen wundert es mich warum Hyakujo´s Fuchs fünfhundert Mal im Körper eines Fuchses wiedergeboren wurde, wenn es keine Wiedergeburt gibt.

„Vergiss nicht die Vergänglichkeit der Welt, sei dir der Gefahr des Lebens bewusst. Es muss aber nicht alle Welt wissen, wie sehr du dir der Vergänglichkeit bewusst bist. Dir sollte es nur darum gehen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Was du bist, wiegt dabei nicht schwer. Mit der Wirklichkeit konfrontiert, musst du bereit sein, selbst deinen Leib und dein Leben loszulassen. Du solltest tiefen Respekt vor den drei Schätzen haben, vor Buddha (dem Erwachten), Dharma (der Wirklichkeit, wie sie von einem Erwachten erkannt wird) und Sangha (der Gemeinschaft derer, die nach dem Erwachen suchen). Nimm Zuflucht zu den drei Schätzen, in diesem und jedem folgenden Leben, mit diesem und jedem neuen Körper, den du erhältst. Gleich, ob du wach bist oder schläfst, sei mit deinen Gedanken bei den drei Schätzen, verehre sie und rufe sie mit Lobpreisungen an.“ (Nölke, Muhô. Futter für Pferd und Esel (S.167). Angkor. Kindle-Version)

...sowie die darauf folgenden Absaetze ergeben für mich ohne den Glauben an eine Wiedergeburt wenig Sinn. Um es kurz zu fassen, denke ich, und dass ist meine persönliche Sicht, dass es die buddhistische Lehre nicht mehr gibt, wenn man das „Konzept“ der Wiedergeburt aus ihr entfernt. Dann mag es zwar immer noch eine Lehre sein, jedoch nicht mehr die buddhistische (ebenso würde es sich vermutlich verhalten wenn man Meditation und Samadhi aus ihr entfernen würde).

Natürlich sollte man versuchen im „hier und jetzt“ zu praktizieren und nicht versuchen die Praxis auf eine Zukunft zu verschieben, die so niemals eintreten wird. Dies scheint mir jedoch ein gänzlich anderer Punkt zu sein.

Kommentar 3: Hat nicht auch Karma etwas mit dem zu tun, das wir „Gerechtigkeit“ nennen ? Schaffe ich nicht stets durch meine vergangenen Gedanken, Worte und Taten meine Zukunft ? Und somit auch gute Umstände für mein nächstes Leben ? Das Wort Gerechtigkeit oder Recht ist natürlich nur ein Konstrukt unserer heutigen Zeit und Welt, und damit wird klar, dass im Grunde niemand ein Recht auf irgend etwas hat. Trotzdem sollten wir die Gedankenkonstrukte, die helfen das Leben zu schützen (z.B. „Grundrechte“) , unterstützen oder nicht ?