Ich halte zwar nichts vom Sitzen, aber gegen ADHS und Depression hilfts, oder?

Q: Ich habe noch eine andere frage zum thema: nun ist es ja so, dass jeder von uns eine biologische einheit ist, die unter anderem von hormonen gesteuert wird. ich würde mal die steile these wagen, dass der hormonhaushalt bei den meisten menschen suboptimal funktioniert. das bringt depressionen oder adhs oder was auch immer mit sich. all diese störungen in unserem körper - gehirn, darm, ec. - haben doch extreme auswirkungen auf unsere einstellungen zum leben, auf unser welt- und menschenbild. da ist doch zen wie ein heilmittel gegen depressionen, oder? das bringt doch schon was, wenn ich durch das meditieren einen klareren blick auf die welt bekomme. ich verstehe zwar dein argument, das das große ganze im blick hat, aber im kleinen gibt es doch tatsächlich ganz direkte, ganz messbare positive auswirkungen. matthieu ricard macht ja auch weltweit werbung fürs meditieren, weil das so toll sein soll. ich selbst halte übrigens gar nicht so viel vom sitzen, aber das ist eine andere frage.

Zitat von der Antaiji-Website zum Thema "Was bringt's für den Geist?":

Dogen Zenji weiss – genauso wie die Philosophen des 20. Jahrhunderts – genau, dass die Bedeutung eines Dings nicht von dessen Ausdruck getrennt werden kann. Bedeutung und Ausdruck sind eins, genauso wie Übung und Erleuchtung eins sind, Körper und Geist eins sind, und Zazen eins ist: Einfach nur tun, nur eins sein. Dieses „einfach nur“ ist „shikan“ im Japanischen (只管) und mit diesem Ausdruck ersetzte Dogen Zenji die Tendai-Theorie von „shi-kan“ (zwei verschiedenen Schriftzeichen, 止観): Anhalten und Betrachten. Dieses „Eins-Sein“ ist jedoch nicht nur eine Theorie. Es ist unsere Übung. Und in der Übung müssen wir mit einem der beiden Aspekte anfangen: Bedeutung oder Ausdruck, Geist oder Körper, Erleuchtung oder Übung. Unser gesunder Menschenverstand scheint uns zu sagen, dass die Betonung auf Bedeutung, Geist und Erleuchtung liegen sollte. Dogen Zenji kehrt diese Idee um, er sagt: „Fangt mit diesem Körper, dieser Praxis und diesem Ausdruck in eurem täglichen Leben an.“ Und Sawaki Roshi bringt die Sache schließlich auf den Punkt, indem er sagt: „Zen ist nicht spirituell, tue es einfach mit diesem Körper.“ Tatsächlich gibt es eine ziemlich große Anzahl ernsthafter Mahayana-Mönche in Japan, aber auch in Korea und vielleicht in China, die sich mit dieser Praxis des „einfach nur Tuns“, des „einfach nur Eins-Seins“ unzufrieden fühlen. Einige von ihnen gehen sogar nach Thailand oder Myanmar, um dort die Bikkhu-Gebote des Theravada-Buddhismus anzunehmen. Einer meiner Dharma-Brüder ging diesen Weg. Er sagte: „Einfach nur sitzen ist wie ein Drache ohne Augäpfel.“ Was er meinte war, dass er nur äußerlich praktizierte (mit dem Körper), aber das die Essenz (Satori) fehlte. Jetzt lebt er irgendwo im Dschungel in Südost-Asien. Das ist in Ordnung – es ist seine Entscheidung und seine Praxis. Aber ich frage mich selbst: „Wer sagte dir wie ein Drache ohne Augäpfel zu praktizieren? Muss Zazen nicht praktiziert werden wie ein Drache, der ins Wasser eintaucht?“ Wenn du bemerkst, dass du deine Augäpfel verloren hast, wird sie niemand für dich finden. Du musst sie selbst suchen, und du wirst sie nirgendwo anders als in deiner Übung hier und jetzt mit diesem Körper finden. Deine Augäpfel warten nicht irgendwo da draußen im tiefen Dschungel oder auf einer Bergspitze im Himalaya auf dich. Wenn deine Übung nur nach Außen gerichtet ist, solltest du tiefer in „einfach nur Tun“ eindringen. „Einfach nur Tun“ bedeutet natürlich nicht, einfach nur so auf einem Kissen rumzusitzen. Ein Taifun hat letzten Monat einen Teil der Straße zum Antaiji weggewaschen. Die Garage wurde weggeblasen und wir hatten kein Trinkwasser, da der Wasserdamm mit Schlamm und Steinen überschwemmt war – genau wie im Herbst 1990, als ich das erste Mal hier war. Zwei Tage lang schaufelten wir Dreck im Regen. Keine Zeit um über Dinge nachzudenken wie: Ist dies nun Übung? Tue ich es richtig? Ist dies wirklich der Buddha-Weg? Einfach nur schaufeln, schaufeln, schaufeln… Lasst mich mit einem Zitat aus einem Buch von Sawaki Roshi, das ich gerade übersetze, abschließen: „Je mehr du dich mit deinem Affengeist und Pferdewillen befasst, desto verrückter wird dieser Affen- und Pferde-Geist im Kreis herumspringen und seinen Spaß mit dir treiben. Du kannst Zazen praktizieren, Nenbutsu ausüben (den Namen Amithaba Buddhas rezitieren), die Gebote so strikt einhalten wie du willst – du kannst warten bis du steinalt wirst: Du wirst deine Illusionen niemals loswerden. Wie verzweifelt du auch versuchst, deine Illusionen auszulöschen, du wirst nicht den Zustand des Nicht-Denkens oder Nicht-Geistes erreichen – du wirst dich nur selbst verrückt machen!“ (https://antaiji.org/de/dharma/okumura-mind-and-zazen/)