Seele zerrissen! Was nun?

Dieses Video ist das dritte in unserer Adventsserie. Die ersten beiden sind:

Dirk und ich prüfen die Einsiedler - ...und wer prüft uns? 28. November 2021 https://youtu.be/5277n0Yt9Vc

Muho & Dirk im Advent (2/4) 5. Dezember 2021 https://youtu.be/p--HlXEsiXw

Gesammelt findet man sie in dieser Playlist: https://youtube.com/playlist?list=PLHc3lR360zozmVa8G3eNgckPqeMb4a2PH

Ich beziehe mich in meiner Interpretation von Seijos gespaltener Seele auf einen Vortrag, den ich vor gut zwei Jahren gehalten habe:

"Wer bin ich?", Zen-Talk im +Punkt Heidelberg am 22. August 2019 https://youtu.be/XuSxo-m91ps

Q1: Hallo, nur eine kurze Rückfrage, ob es euch genauso geht... Nur aus Interesse. Ich habe gerade mein morgendliches 25 Minuten Zazen gemacht und ich stelle fest, dass morgens viel mehr Gedanken aufploppen als z.b. mittags. Entsprechend schneller vergeht auch die Zeit. Ist das "normal", bzw. geht es euch ähnlich?

Q2: Wie schafft man es regelmässig um 3.45  zu meditieren? Ich bin eher die Nachteule, also werde abends erst richtig munter und komme morgens schlecht aus dem Bett. Deswegen meditiere ich bisher nur abends. Würde es aber gern auch morgens. Unsere Sangha beginnt um 6 Uhr. Das ist ja noch  menschlich, trotzdem furchtbar früh für mich. Meinst Du daran kann sich Jeder gewöhmen? Ist das reine  Kopfsache? Oder  gewöhnen sich doe Nachteulen daran nie?

Neues Interview von mir mit James Iandoli (auf Englisch, knappe Stunde): https://youtu.be/WK46ZEKUJO4

Q: Ich vetstehe tasächlich die Empfehlung im Zen nicht so ganz die Gefühle "durch zu schmerzen".  So habe ich es schon oft gehört. Was hältst Du davon? Wer ist es denn, der da etwas durchschmerzen soll? Ist es nicht sinnvoller sich gemau das zu fragen: Wer fühlt desen Schnerz und ihn dadurch aufzulösen? Oder distanziert man sich dadurch zu schnell von seinen Gefühlen und wird dann gegühlskalter Mensch? Ich spreche vor allem von psychischem Schmerz. Wie siehst Du das? Annehmen, durchschmerzenn und loslassen? Oder : "IcH" suchen und dadurrch  loslassen, das nichts gefunden wird? 🙏

Q: Könntest Du nochmal näher darauf eingehen, warum es im "Da"nur mich gibt und deshalb Sex im "Da"  nicht möglich ist? Ich geb zu absichtsloser Sex könnte schwierig werden. 😉 Aber ist die Auflösung von  "Ich" und " Du"  nicht andererseits perfekt für die Symbiose beim Sex? 🤔  

Zitate aus zwei Mails:

"In Deinen Zen-Häppchen tauchen des Öfteren Gedanken zum zölibatären Leben auf. Ich selbst praktiziere sexuelle Enthaltsamkeit als Übung seit dem Frühjahr 2017. Bis jetzt habe ich mit dieser Übung gute Erfahrungen gemacht. Was wird durch das Ausleben der sexuellen Sinnesgier nicht alles kompensiert oder verdrängt? Ich lerne immer mehr hinzu. Und auch im Scheitern wird mir manches immer klarer, zum Beispiel über mein Selbst-Verständnis von Schuld, von Gewissen, von Buße, von Reinsein und Beflecktsein und wie ich gerne wäre und wie ich aber tatsächlich bin und wie und wo ich mich im Verständnis von alle dem und im Handeln darin irre. Da ist irgendwie mein ganzer Mensch mit verwoben, mit meiner sexuellen Sinneslust. Dieser Mensch kommt deutlicher zum Vorschein, wenn mein Blick sich von der Einen Stelle löst. Ich bemerke diesen Menschen dann mehr und mehr. Die Form dieses Menschen wird deutlicher. Ich habe das Glück, in einer Beziehung zu leben, in der mir diese Praxis möglich ist."  

"Es ist okay, wenn Du aus meiner Mail unten das zitierst, was Dir für eine weitere Reflexion des Themas im Rahmen der Zen-Häppchen unter Umständen mit einzubringen als nützlich erscheint, ob als Gegenstand zur Kritik oder zur zustimmenden Vertiefung oder zu beidem. Das Wort davon, dass das Leben mir nichts schuldet, dieses Wort ist mir so bedeutsam geworden wie das Wort davon, dass ich auch mal verlieren können muss. Beide Worte habe ich in den letzten Monaten in Deinen Videos, aus Deinem Mund vernommen. Und beide bedeuten mir unmittelbare reine Praxis."

"...Wie selbstverständlich gehe ich davon aus, dass mir das Ausleben meiner sexuellen Sinneslust zustünde, so selbstverständlich, dass ich nicht einmal im Traum darauf komme, mein Davon-ausgehen-dass in Frage zu stellen. Aber das Leben schuldet mir nichts, weder Gesundheit noch die Butter im Kühlschrank noch den Orgasmus. Denn es ist alles geschenkt (auch das ein Wort aus Deinem Mund). Und ich denke an das neutestamentarische Gleichnis vom Weinberg und von den Knechten, denen dieser Weinberg für eine Zeit anvertraut ist.

Und vorgestern spaziere ich über den Friedhof und denke über einen Vers aus einem Gedicht Meister Ryokans nach, der in der Übersetzung, die mir vorliegt, lautet:

Zerrissen und zerlumpt,

Zerrissen und zerlumpt,

Zerrissen und zerlumpt ist dieses Leben.

Nahrung? Ich erbettle sie am Straßenrand.

Und da habe ich plötzlich zum ersten Mal eine Ahnung von dem, was sich im Wort BIKKHU äußert als in einer Bezeichnung für einen Mensch, der wirklich weiss, dass ihm der Weinberg, der ihm für eine Zeit anvertraut ist, nicht gehört. Und dessen Dasein genau dieses Wissen ausdrückt. Und ich erkenne plötzlich, dass auch ich, der ich formell weder ein buddhistischer Mönch noch ein Laie bin, eigentlich auch so ein Bettler bin. Dass jeder Mensch, jedes Wesen, jedes Ding ein Bettler ist. Dass das wahre Gebet ein Betteln ist. Dass Dasein reine Gnade ist. Ein Geschenk.

Es geht nicht darum, zu klären, wer wem schenkt, es geht nicht um Geben oder Nehmen. Da ist nur das Danke, dass sich in allem Dasein ausdrückt. Ich kann nicht beurteilen, ob die Übung der sexuellen Enthaltsamkeit für jeden Menschen ein geeignetes Mittel ist, dem eigenen Selbst auf den Grund zu gehen, mit Blick auf gewisse unheilsame Entwicklungen nicht nur im Katholizismus möchte ich das sogar stark bezweifeln. Ich glaube, es ist unerlässlich, dabei sehr ehrlich mit sich selbst zu sein und bevor es in eine unheilige Richtung geht, es sein zu lassen."