Schöne Weihnachten! 🎅⛄🌲🎁🦌🐴👳🤰👪⛪😇

Frage 1) "Ich wüßte gern, ob Takuhatsu heute noch, in Osaka z. B., etwas ganz Normales für die Menschen dort ist, dass ein Mönch auf der Straße mit Schale steht? Oder ist das die Ausnahme in der heutigen Zeit?"

Kurze Antwort auf Frage 1): Ich bin einer von wahrscheinlich einem Dutzend von mehr oder weniger authentischen Bettelmönchen, die regelmäßig die Straßen Osakas unsicher machen.

Frage 2) "Ist das braune Tuch mit dem Herzsutra eine Rarität und Antiquität aus der Zeit von Kodo Sawaki? Oder kann ich irgendwo so ein ähnliches Tuch erwerben?"

Kurze Antwort auf Frage 2): Die Batik ist ein Geschenk von Seigakus Vater.

Seigaku leitet die Zen-Gruppe "Undo" in Berlin: https://www.japantimes.co.jp/life/2017/08/05/people/zen-monk-seigaku-life-less-can-much/

https://www.facebook.com/undoinberlin/

Frage 3) "Was ist die Übersetzung von Rutenkai?"

Kurze Antwort auf Frage 3): 流転会 (Rutenkai) bedeutet "Gemeinschaft im Fluss und Wandel"

Korrektur: 100 Yen sind umgerechnet nicht 80 Euro, sondern circa 80 Cent!

Bettelnde Hosshinji-Mönche https://youtu.be/rYtOlCobft8 https://youtu.be/ocjNJRwlsaI

Muho beim Takuhatsu 2004 https://youtu.be/VCNKwHTxgAw

Auszug aus "Das Meer weist keinen Fluss zurück":

"Zum Geben ist man eingeladen. Ich darf geben, Sie dürfen geben. Auch der Bettler auf der Straße gibt etwas, nämlich anderen die Gelegenheit, ihm zu geben. Viele Menschen betrachten Geld als Teil ihrer Identität. Spenden sie, geben sie einen Teil von sich, selbst wenn der Betrag noch so gering ist. Jesus deutete auf die Frau, die nur zwei Scherflein in den Spendenkasten des Tempels geworfen hatte, und sagte: „Diese arme Witwe hat mehr als sie alle eingelegt“, denn sie gab, ohne etwas zurückzuerwarten. Natürlich spricht Dōgen nicht allein von materiellen Gaben. Ein Geschenk kann auch so viel anderes sein: das Aufhalten einer Tür, ein Lächeln auf der Straße, eine zum Gruß ausgestreckte Hand. Seit ich vor fünfundzwanzig Jahren zum Mönch ordiniert wurde, lebe ich hauptsächlich von den Almosen anderer Menschen. Jedes Jahr gehe ich für mindestens eine Woche zum Betteln nach Kyōto und Ōsaka. Neuerdings bekommt das Kloster auch Spenden aus der ganzen Welt über das Internet. Es ist schön, auf diese Weise daran erinnert zu werden, dass man nicht alles allein schaffen muss. Ich bin sehr dankbar dafür. Manchmal fragt man mich: „Fühlst du dich nicht schlecht, wenn du betteln gehst? Du solltest doch etwas tun für die Menschen in der Welt!“ Dann entgegne ich: „Wovon ernährst du dich? Von der Arbeit deiner Hände? Und von wem hast du diese Hände? Hast du dich jemals für sie bedankt?“ Immer wenn jemand eine Münze in meine Schale legt, rezitiere ich einen kurzen japanischen Vers. Übersetzt lautet er:

"Diese Münze und die Praxis der Lehre

Gemeinsam sind sie eine Form des Gebens

Dessen Verdienst unermesslich ist

In ihnen verwirklicht sich die Praxis vollkommener Weisheit

Möge das gesamte Universum daran teilhaben"

財宝二施(ざいほうにせ)

功徳無量(くどくむりょう)

檀波羅密(だんばらみつ)

具足円満(ぐそくえんまん)

乃之法界(ないしほっかい)

平等利益(びょうどうりやく)

Nur die wenigsten werfen das Geld achtlos oder gar mit einer Geste der Arroganz in die Schale. Vielmehr verneigen sich die meisten Spender und bedanken sich für den rezitierten Vers. Man merkt ihnen an, dass sie sich nicht nur als Gebende, sondern gleichzeitig auch als Empfangende verstehen. Sie bedanken sich dafür, mit ihrer Spende teilhaben zu dürfen an der Praxis vollkommener Weisheit. Nun wird so mancher natürlich kritisch einwenden: Was bildet sich dieser buddhistische Mönch eigentlich ein? Hält er allen Ernstes das Murmeln eines Verses schon für eine Form des Gebens? Das ist doch nicht mehr als die Bestätigung, dass man den guten Willen eines anderen zur Kenntnis genommen hat! Allerhöchstens könnte man von einem bescheidenen Zurückgeben sprechen. Ja, es stimmt. Geben ist auch Nehmen. Beides ist aufeinander bezogen. Gebe ich viel, genieße ich ein besonderes Ansehen. Einer gibt seine Gesundheit, ein anderer sogar sein Leben. Albert Schweitzer, Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Mutter Teresa – diese Menschen dienen uns als Beispiele für die Kraft des Guten und was sie zu bewirken vermag. Wir alle sind, mal mehr, mal weniger, Teil dieser Kraft. Wir müssen nur darauf achten, dass wir uns nicht selbst für unsere Großzügigkeit und unseren guten Willen auf die Schulter klopfen. Schon die zwanzig Euro, die man an Weihnachten für einen guten Zweck spendet, können einen dazu verleiten, auf andere geringschätzig herabzublicken und sich für einen besseren Menschen zu halten. Nach Möglichkeit sollen dann alle auch noch Wind von der eigenen Mildtätigkeit bekommen. Denn eine Gabe, die keiner bemerkt, sorgt für deutlich weniger wohlige Gefühle und taugt auch nicht zum Ausüben von Macht: „Weil ich dir etwas gegeben habe, musst du mir gefälligst auch dankbar sein!“ Als Mönch oder Zenmeister muss man gut aufpassen, nicht auf ein Podest gestellt zu werden. Oder sich selbst darauf zu stellen und mit stolzgeschwellter Brust zu verkünden: „Ihr solltet dankbar dafür sein, dass ihr mir dienen dürft!“ Ein Meister, der nicht dient, ist kein Meister. Auch in der Liebe verbirgt sich hinter dem vermeintlich selbstlosen „Ich liebe dich“ manchmal in Wahrheit ein forderndes „Ich will, dass du mich liebst!“ Oder gar das alle Grenzen verletzende Verlangen nach der Selbstaufgabe des anderen: „Ich will, dass du von mir geliebt werden willst!“ Viel zu häufig stellt sich der Liebende selbst ins Zentrum, sei es als hochmütiger Spender oder als nimmersatter Empfänger einer Liebe, die ihm längst zum Konsumgut geworden ist. Das kann nicht gutgehen."

Frage 4) "Hast Du eine Ahnung wie die Jäger das Wild jagen, das sie für Antaiji schießen und spenden? Haben sie Jagdhunde, die apportieren, wie wir in Deutschland z. B.?"

Kurze Antwort auf Frage 4: Die Tiere werden nicht geschossen, sondern i Fallen gefangen.

Frage 5) "Praktizierst du ausser Zazen noch andere Meditationspraktiken oder würdest du dies empfehlen? Wenn ja, welche zum Beispiel?"

Kurze Antwort auf Frage 5: Ich praktiziere seit einiger Zeit Ashtanga-Yoga.

Frage 6) "Die zweite Frage steht im Zusammenhang. Würdest du empfehlen andere Meditationsgruppen zu besuchen, wenn sich keine Zen-Gruppe in der Nähe befindet, mit der man regelmässig praktizieren kann? Bei mir ist das der Fall. Die Sangha die ich gelegentlich besuche ist in Mailand und das ist ca. 1.5 Stunden entfernt. Vor Ort in Lugano gibt es eine Meditationsgruppe, die aber kein Zazen praktiziert. Es gibt zwar Meditationsrunden in Abwechslung mit kurzer Gehmeditation, beides hat aber keine feste vorgeschrieben Form. Aus dieser Sicht ist es für mich durchaus eine Alternative, da ich in Zazen Haltung sitzen kann. Was mich etwas stört, sind Lesungen dazwischen oder am Ende aus Büchern von E. Tolle oder R. Betz."

Schöne Bescherung! 🎅⛄🌲🎁🦌🐴👳🤰👪⛪😇 (das letzte Video stammt aus dem Jahr 2016: Auf dem Popo den Hang herunter rutschend auf dem Weg zu meiner Familie, die den Winter 20 Kilometer weit entfernt im Dorf verbrachte)