Über die Hände, das Rückgrat und den Nacken beim Zazen

Die Sitzung vor diesem Video: https://youtu.be/huoPHd-T1Mw

 

Frage:

"In letzter Zeit bekomme ich nach längeren Sitzeinheiten, Verspannungen im Rücken (Bereich Bandscheiben / auf Höhe der Brustwirbelsäule). Während des Sitzens ist es phasenweise nur nervig und eigentlich ganz gut auszuhalten; nur danach habe ich mitunter tagelang einen verspannten Rücken. Hast du einen Rat, wie ich diesen Schmerzen vorbeugen kann?"

 

Meine Antwort:

"Ich habe vor kurzem ein Video hochgeladen, in dem es unter anderem auch um den Rücken geht. Kurz: Mach keinen Krampf aus Zazen. Ich spreche zwar selbst immer wieder vom Sterben auf dem Kissen, aber das muss ein sehr entspanntes Sterben sein. Kein Kampf um Leben und Tod, kein Aushalten, sich Verkrampfen usw. Erlaube dem Rücken sich zu strecken, versuche nicht mit eigener Kraft den Rücken zu strecken."

 

Zitat aus "Futter für Pferd und Esel:

 

"Breite eine dicke Sitzmatte aus. Darauf lege dein Sitzkissen. Sitze entweder im halben Lotussitz oder im vollen Lotussitz. Beim vollen Lotussitz lege den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und dann den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Beim halben Lotussitz lege einfach den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Lege die rechte Hand auf den linken Fuß und die linke Hand auf die rechte Hand. Die Spitzen der beiden Daumen sind gegeneinander gestützt.

 

„Muss man denn wirklich im vollen oder halben Lotussitz sitzen?“, werden Sie vielleicht fragen. Die Antwort ist: Sie müssen sich nichts Menschenunmögliches zumuten. Aber: Wenn Sie es nach längerer Zeit der Übung schaffen sollten, im halben oder vollen Lotussitz zu praktizieren, werden Sie feststellen, dass Ihr Körper dann so stabil sitzt wie eine Pyramide. Und dadurch kommt auch der Geist ins Gleichgewicht. Dôgen rät dazu, immer das linke Bein oben zu haben. Ich würde Ihnen dagegen raten, auch einmal das rechte Bein nach oben zu legen. Auch hier geht es um die richtige Balance. Bei den Händen ist der Unterschied nicht so groß wie bei den Beinen, aber wenn Sie wollen, können Sie auch einmal ausprobieren, wie es sich anfühlt, mit der rechten Hand über der linken zu sitzen.

 

Man könnte fragen: Warum macht Dôgen so viel Aufhebens über die Sitzhaltung? Kommt es nicht darauf an, was in unserem Geist vorgeht? Darauf, woran wir während der Meditation denken? Der Punkt ist, dass Dôgen die Praxis des körperlichen Sitzens nicht von Geist und Bewusstsein trennt. „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, erklärte Karl Marx im 19. Jahrhundert , und obwohl Dôgen alles andere als ein dialektischer Materialist war, hätte er zugestimmt, wenn es um unser physisches Sein geht: Wie wir sitzen, bestimmt, wie wir uns fühlen und was wir denken. Dasselbe meint Sawaki Kôdô , als er sagte: „Zen ist nicht geistig – Zen wird mit dem Körper praktiziert!“

In meiner Jugend dachte ich, dass sich das Leben in meinem Hirn abspielt. Hätte mich jemand gefragt, wo ich bin, dann hätte ich auf meinen Kopf gezeigt. Das hat sich geändert, als ich mit 16 Jahren zum ersten Mal Zazen praktiziert habe. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie überrascht ich war, als ich entdeckte, dass ich auch einen Körper habe! Und nicht nur das: Selbst eine kleine Änderung der Körperhaltung beeinflusst, wie meine Sinne arbeiten. Wenn ich aufrecht und still sitze, höre ich Klänge, die bis dahin an mir vorbeigezogen waren. Der Atem, den ich 16 Jahre lang ganz vergessen hatte, wurde mir bei meiner ersten Begegnung mit Zazen erst bewusst. Eine Sache, die mich Zazen gelehrt hat, ist, dass es keine Trennung zwischen dem Körper und dem Geist gibt. Was sich über meinem Hals abspielt, hängt auch davon ab, wie ich mich dem Leben zuwende, das sich unterhalb meines Halses abspielt."

 

Englische Videos von mir zum Thema Sitzhaltung:

Invitation to online zazen and sitting instructions, April 11th 2020: https://youtu.be/ONIBDmpdIWc

Muho explains the zazen posture (1), February 11th 2016: https://youtu.be/utSJeWCuIVQ

Muho explains about posture and pain during zazen (2), February 11th 2016: https://youtu.be/thrJpPBZXwY

 

Wem das noch nicht reicht, der kann sich auch folgendes auf Englisch durchlesen:

 

Über das Kreuzen der Beine:

https://antaiji.org/archives/kimyou/2007/eng-0304.html (Crossing the legs)

https://antaiji.org/archives/kimyou/2007/eng-0307.html (Crossing the legs (2))

https://antaiji.org/archives/kimyou/2007/eng-0309.html (Crossing the legs (3))

https://antaiji.org/archives/kimyou/2012/eng-0307.html (Crossing the legs (4))

https://antaiji.org/archives/eng/200803.shtml (Crossing the legs (5))

https://antaiji.org/archives/eng/200807.shtml (Crossing the legs (6))

https://antaiji.org/archives/eng/200811.shtml (Crossing the legs (7))

https://antaiji.org/archives/eng/200807.shtml (Crossing the legs (8))

 

Über die Hüften:

https://antaiji.org/archives/eng/200911.shtml (Hips (1))

https://antaiji.org/archives/eng/201011.shtml (Hips (2))

 

Über die Hände:

https://antaiji.org/archives/eng/201203.shtml (Positioning the hands)